Systemintegration beim CMS-Teilchendetektor des CERN: Unterschied zwischen den Versionen
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Im Juli 2008 soll nun endlich die wahrscheinlich größte Maschine der Welt, der [http://www.encyclopediadramatica.com/Large_Hadron_Collider Large Hadron Collider (LHC)] am Europäischen Kernforschungszentrum [http://www.cern.ch CERN] bei Genf in Betrieb gehen. Ohne mit der Wimper zu zucken tauschen die Hochenergiephysiker dabei in einer globalen, wahnwitzig komplizierten Kollaboration etwa 4 Gigaeuro Geld und 200 Megawatt Strom gegen 14 Teraelektronvolt Kollisionsenergie von Protonen, was etwa der Energie einer handvoll motiviert fliegender Mücken entspricht. | Im Juli 2008 soll nun endlich die wahrscheinlich größte Maschine der Welt, der [http://www.encyclopediadramatica.com/Large_Hadron_Collider Large Hadron Collider (LHC)] am Europäischen Kernforschungszentrum [http://www.cern.ch CERN] bei Genf in Betrieb gehen. Ohne mit der Wimper zu zucken tauschen die Hochenergiephysiker dabei in einer globalen, wahnwitzig komplizierten Kollaboration etwa 4 Gigaeuro Geld und 200 Megawatt Strom gegen 14 Teraelektronvolt Kollisionsenergie von Protonen, was etwa der Energie einer handvoll motiviert fliegender Mücken entspricht. | ||
[[Bild:Gargamelle_Neutral_Current.jpg|right|thumb|250px|Neutral Current Reaktion in der Blasenkammer Gargamelle (CERN 1973)]] | |||
Vier hallengroße Teilchendetektoren werden hoffentlich die Kollisionsprodukte messen: allein im Fall des [http://de.wikipedia.org/wiki/Compact_Muon_Solenoid CMS-Experiments] produzieren 200 m² Silizium Pixel- und Streifendetektoren und viele andere Sensoren etwa 320 Tbit/s an Messdaten, die dann erstmal gut weggeworfen werden wollen: ein eigens entwickelter und hochspezialisierter Parallelrechner aus etwa 4000 Motherboards, bestückt mit FPGAs und ASICs, schluckt für jede Kollision die Teras von Inputbits, sucht nach lustigen Mustern und berechnet tapfer und mit minimaler Latenz ein einziges Outputbit: 0 = Daten vergessen. 1 = weiter zur nächsten Stufe, einem Cluster aus 5000 Standardprozessoren, der diese Entscheidung nochmal etwas gründlicher überprüft, bevor dann etwa 100 Megabyte/s auf Harddisks geschrieben werden. Um aus diesen Pixeldaten dann vernünftige Schwarze Löcher herausrechnen zu können wurde das größte verteilte Computersystem der Welt gebaut, der LHC Computing Grid. Weltweit verteilt ist dieses System wohl in erster Linie aus sozialen Gründen: ein dickes Rechenzentrum gleich vor Ort wäre wohl zu langweilig gewesen. | Vier hallengroße Teilchendetektoren werden hoffentlich die Kollisionsprodukte messen: allein im Fall des [http://de.wikipedia.org/wiki/Compact_Muon_Solenoid CMS-Experiments] produzieren 200 m² Silizium Pixel- und Streifendetektoren und viele andere Sensoren etwa 320 Tbit/s an Messdaten, die dann erstmal gut weggeworfen werden wollen: ein eigens entwickelter und hochspezialisierter Parallelrechner aus etwa 4000 Motherboards, bestückt mit FPGAs und ASICs, schluckt für jede Kollision die Teras von Inputbits, sucht nach lustigen Mustern und berechnet tapfer und mit minimaler Latenz ein einziges Outputbit: 0 = Daten vergessen. 1 = weiter zur nächsten Stufe, einem Cluster aus 5000 Standardprozessoren, der diese Entscheidung nochmal etwas gründlicher überprüft, bevor dann etwa 100 Megabyte/s auf Harddisks geschrieben werden. Um aus diesen Pixeldaten dann vernünftige Schwarze Löcher herausrechnen zu können wurde das größte verteilte Computersystem der Welt gebaut, der LHC Computing Grid. Weltweit verteilt ist dieses System wohl in erster Linie aus sozialen Gründen: ein dickes Rechenzentrum gleich vor Ort wäre wohl zu langweilig gewesen. | ||
An der Übersichtlichkeit und Bescheidenheit des LHC-Projekts will sich der Vortrag orientieren: physikalische Hintergründe und Designüberlegungen zum LHC und den Detektoren sollen ebenso zu Sprache und Bildern kommen wie einige Grundkonzepte der Quantenfeldtheorie, die Funktionsweise von Teilchendetektoren, FPGA-Firmware-Programmierung, verteilte Steuersysteme aus Web-Services und Zukunftsperspektiven der Hochenergiephysik. Wir besprechen Blasenkammerfotos und Feynman-Diagramme, Supraleiter und Halbleiter, die Erfindung des WWW und die Entdeckung der neutralen Ströme, Quarks, Gruppendynamik, Berufsaussichten und den Weltuntergang. Kurz: Die Systemintegration des Globalen Müonentriggers für das CMS Experiment am CERN. | [[Bild:Global_Muon_Trigger.jpg|thumb|250px|Global Muon Trigger, das Diplomarbeitsthema des Vortragenden]] An der Übersichtlichkeit und Bescheidenheit des LHC-Projekts will sich der Vortrag orientieren: physikalische Hintergründe und Designüberlegungen zum LHC und den Detektoren sollen ebenso zu Sprache und Bildern kommen wie einige Grundkonzepte der Quantenfeldtheorie, die Funktionsweise von Teilchendetektoren, FPGA-Firmware-Programmierung, verteilte Steuersysteme aus Web-Services und Zukunftsperspektiven der Hochenergiephysik. Wir besprechen Blasenkammerfotos und Feynman-Diagramme, Supraleiter und Halbleiter, die Erfindung des WWW und die Entdeckung der neutralen Ströme, Quarks, Gruppendynamik, Berufsaussichten und den Weltuntergang. Kurz: Die Systemintegration des Globalen Müonentriggers für das CMS Experiment am CERN. |
Version vom 7. April 2008, 11:00 Uhr
Freitag, 11.04.2008, 20:00
Vortragender: Tobias Nöbauer, Physiker und Soziologe
Im Juli 2008 soll nun endlich die wahrscheinlich größte Maschine der Welt, der Large Hadron Collider (LHC) am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf in Betrieb gehen. Ohne mit der Wimper zu zucken tauschen die Hochenergiephysiker dabei in einer globalen, wahnwitzig komplizierten Kollaboration etwa 4 Gigaeuro Geld und 200 Megawatt Strom gegen 14 Teraelektronvolt Kollisionsenergie von Protonen, was etwa der Energie einer handvoll motiviert fliegender Mücken entspricht.
Vier hallengroße Teilchendetektoren werden hoffentlich die Kollisionsprodukte messen: allein im Fall des CMS-Experiments produzieren 200 m² Silizium Pixel- und Streifendetektoren und viele andere Sensoren etwa 320 Tbit/s an Messdaten, die dann erstmal gut weggeworfen werden wollen: ein eigens entwickelter und hochspezialisierter Parallelrechner aus etwa 4000 Motherboards, bestückt mit FPGAs und ASICs, schluckt für jede Kollision die Teras von Inputbits, sucht nach lustigen Mustern und berechnet tapfer und mit minimaler Latenz ein einziges Outputbit: 0 = Daten vergessen. 1 = weiter zur nächsten Stufe, einem Cluster aus 5000 Standardprozessoren, der diese Entscheidung nochmal etwas gründlicher überprüft, bevor dann etwa 100 Megabyte/s auf Harddisks geschrieben werden. Um aus diesen Pixeldaten dann vernünftige Schwarze Löcher herausrechnen zu können wurde das größte verteilte Computersystem der Welt gebaut, der LHC Computing Grid. Weltweit verteilt ist dieses System wohl in erster Linie aus sozialen Gründen: ein dickes Rechenzentrum gleich vor Ort wäre wohl zu langweilig gewesen.
An der Übersichtlichkeit und Bescheidenheit des LHC-Projekts will sich der Vortrag orientieren: physikalische Hintergründe und Designüberlegungen zum LHC und den Detektoren sollen ebenso zu Sprache und Bildern kommen wie einige Grundkonzepte der Quantenfeldtheorie, die Funktionsweise von Teilchendetektoren, FPGA-Firmware-Programmierung, verteilte Steuersysteme aus Web-Services und Zukunftsperspektiven der Hochenergiephysik. Wir besprechen Blasenkammerfotos und Feynman-Diagramme, Supraleiter und Halbleiter, die Erfindung des WWW und die Entdeckung der neutralen Ströme, Quarks, Gruppendynamik, Berufsaussichten und den Weltuntergang. Kurz: Die Systemintegration des Globalen Müonentriggers für das CMS Experiment am CERN.