Attac Deklaration2020: Unterschied zwischen den Versionen
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= Attac Deklaration | Dies ist ein Wiki, dass das attac-interne gemeinsame Nachdenken zur Überarbeiten der Deklaration unterstützen soll. | ||
;[https://metalab.at/wiki/Diskussion:Attac_Deklaration2020 Bedienungsanleitung dazu auf der Diskussionsseite]: | |||
= Attac Deklaration 2020= | |||
= Eine andere Welt gestalten! Ein gutes Leben für alle ermöglichen! = | = Eine andere Welt gestalten! Ein gutes Leben für alle ermöglichen! = | ||
== I) Ein kurzer Blick zurück== | == I) Ein kurzer Blick zurück== | ||
Attac hat seit der Gründung im Jahr 2000 der angeblichen Alternativenlosigkeit der neoliberalen Globalisierung konkrete Alternativen für eine andere, gerechtere Welt entgegengestellt | Attac hat seit der Gründung im Jahr 2000 der angeblichen Alternativenlosigkeit der neoliberalen Globalisierung konkrete Alternativen für eine andere, gerechtere Welt entgegengestellt. Wir haben erfolgreich die negativen Folgen deregulierter Finanzmärkte, neoliberaler Handelspolitik aufgezeigt sowie Rolle, Macht und Interessen der Profiteure transparent gemacht. Unsere Vorschläge zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte – allen voran die Finanztransaktionssteuer – werden heute weltweit diskutiert und gefordert. | ||
Es ist jedoch zu wenig, einzelne Probleme isoliert zu bearbeiten. Wir stehen mehr denn je vor der Herausforderung dieses System zu hinterfragen und neue Antworten zu finden. | |||
==II) Das gegenwärtige Wirtschaftssystem – Ursache vielfältiger Krisen== | ==II) Das gegenwärtige Wirtschaftssystem – Ursache vielfältiger Krisen== | ||
Wir produzieren heute eine bisher noch nie gekannte Fülle an Gütern und Dienstleistungen. Damit könnten die Bedürfnisse aller Menschen befriedigt werden. Tatsächlich aber hungert rund eine Milliarde Menschen, klimatische Extremereignisse als Folge des Klimawandels nehmen zu, Rohstoffvorräte sowie die Biodiversität nehmen rapide ab. Vermögen und Ressourcen sind immer ungleicher verteilt und führen zu einer steigenden Konzentration von wirtschaftlicher und politischer Macht in den Händen einer kleinen Elite. | |||
All das ist Folge und Ausdruck eines Wirtschaftssystems, in dem die Maximierung des individuellen Profits im Zentrum steht und das auf dem Dogma des grenzenlosen Wachstums und dem scheinbar unbegrenzten Vorhandensein von Ressourcen aufbaut. | All das ist Folge und Ausdruck eines Wirtschaftssystems, in dem die Maximierung des individuellen Profits im Zentrum steht und das auf dem Dogma des grenzenlosen Wachstums und dem scheinbar unbegrenzten Vorhandensein von Ressourcen aufbaut. | ||
Wir stehen vor der Herausforderung, uns mit der Rolle des Staates, der Demokratie und mit der Rückeroberung unserer Entscheidungsmacht auseinanderzusetzen, und unser Wirtschaftssystem grundlegend zu überdenken. | |||
==III) Unsere Ziele für die nächsten Jahre== | ==III) Unsere Ziele für die nächsten Jahre== | ||
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Wenn wir allen Menschen das Recht auf ein gutes Leben zugestehen ist ein „Weiter wie bisher“ nicht möglich. Wir müssen die Art und Weise wie, für wen und wofür wir produzieren und wie wir konsumieren gänzlich umgestalten und an Zielen und Prinzipien orientieren, die aus sozialer, ökologischer und demokratischer Perspektive dem Gemeinwohl dienen. | Wenn wir allen Menschen das Recht auf ein gutes Leben zugestehen ist ein „Weiter wie bisher“ nicht möglich. Wir müssen die Art und Weise wie, für wen und wofür wir produzieren und wie wir konsumieren gänzlich umgestalten und an Zielen und Prinzipien orientieren, die aus sozialer, ökologischer und demokratischer Perspektive dem Gemeinwohl dienen. | ||
Gesamtgesellschaftliche Ziele | '''Gesamtgesellschaftliche Ziele:''' | ||
Zentrales Ziel unserer Arbeit ist die Erreichung eines guten Lebens für alle Menschen - heute und in Zukunft. Ein „Gutes Leben für Alle“ bedeutet für uns konkret: | Zentrales Ziel unserer Arbeit ist die Erreichung eines guten Lebens für alle Menschen - heute und in Zukunft. Ein „Gutes Leben für Alle“ bedeutet für uns konkret: | ||
Die Würde aller Menschen wird geachtet, die grundlegenden Bedürfnisse werden befriedigt, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten gefördert. | *Die Würde aller Menschen wird geachtet, die grundlegenden Bedürfnisse werden befriedigt, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten gefördert. | ||
Die Ressourcen (Boden, Wasser, Pflanzen, Mineralien etc.) werden ökologisch nachhaltig genutzt und im Interesse des globalen Gemeinwohls gerecht verteilt. Die Lebens- und Überlebensinteressen kommender Generationen werden mitberücksichtigt. | *Die Ressourcen (Boden, Wasser, Pflanzen, Mineralien etc.) werden ökologisch nachhaltig genutzt und im Interesse des globalen Gemeinwohls gerecht verteilt. Die Lebens- und Überlebensinteressen kommender Generationen werden mitberücksichtigt. | ||
Menschen entscheiden gemeinsam darüber, was für wen in welcher Form produziert wird, wie gemeinwirtschaftliche Güter genutzt und erhalten werden und wie die strukturellen Rahmenbedingungen dafür zu gestalten sind. Menschen gestalten ihr Lebensumfeld selbstbestimmt mit. | *Menschen entscheiden gemeinsam darüber, was für wen in welcher Form produziert wird, wie gemeinwirtschaftliche Güter genutzt und erhalten werden und wie die strukturellen Rahmenbedingungen dafür zu gestalten sind. Menschen gestalten ihr Lebensumfeld selbstbestimmt mit. | ||
Ein gutes Leben für alle Menschen setzt die Sicherstellung der Existenzgrundlagen voraus. | Ein gutes Leben für alle Menschen setzt die Sicherstellung der Existenzgrundlagen voraus. | ||
Prinzipien des Wirtschaftens | '''Prinzipien des Wirtschaftens''' | ||
Um diese Ziele zu erreichen braucht es Formen des Wirtschaftens, die nach folgenden Prinzipien organisiert sind: | Um diese Ziele zu erreichen braucht es Formen des Wirtschaftens, die nach folgenden Prinzipien organisiert sind: | ||
Soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit: Gesellschaftlicher Reichtum wird in einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Form produziert und verteilt und garantiert dadurch soziale Sicherheit für alle. Der Fokus des Wirtschaftens liegt auf dem Versorgungs- und Vorsorgeprinzip. | '''Soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit: ''' | ||
Gesellschaftlicher Reichtum wird in einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Form produziert und verteilt und garantiert dadurch soziale Sicherheit für alle. Der Fokus des Wirtschaftens liegt auf dem Versorgungs- und Vorsorgeprinzip. | |||
Demokratische Organisation: Entscheidungen über wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Spielregeln werden unter Einbindung aller Gesellschaftsgruppen gefällt. Machtunterschiede zwischen Menschen, Geschlechtern, Klassen, Ethnien und Regionen, die zu ungerechter Verteilung von Lebenschancen führen, werden abgebaut. | |||
Gemeinwohlorientierung: Ziel von Wirtschaften ist das größtmögliche Gemeinwohl - lokal wie global. Kooperation, Solidarität und Verantwortung sind handlungsleitende Prinzipien. | '''Menschengerechte Arbeit:''' | ||
Alle Menschen haben Zugang zu sinnstiftender Tätigkeit und verfügen eigenständig über ihre Lebenszeit. Die unterschiedlichen Formen menschlicher Tätigkeit werden wertgeschätzt und stehen allen Menschen unabhängig von Herkunft und Geschlecht gleichermaßen offen. Allfällige belastende Tätigkeiten werden gerecht verteilt. | |||
'''Demokratische Organisation:''' | |||
Entscheidungen über wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Spielregeln werden unter Einbindung aller Gesellschaftsgruppen gefällt. Machtunterschiede zwischen Menschen, Geschlechtern, Klassen, Ethnien und Regionen, die zu ungerechter Verteilung von Lebenschancen führen, werden abgebaut. | |||
'''Gemeinwohlorientierung:''' | |||
Ziel von Wirtschaften ist das größtmögliche Gemeinwohl - lokal wie global. Kooperation, Solidarität und Verantwortung sind handlungsleitende Prinzipien. | |||
==IV) Transformationspfade für ein gutes Leben für alle== | ==IV) Transformationspfade für ein gutes Leben für alle== | ||
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Dem stellen wir das Konzept der Energiesouveränität entgegen. Energiesouveränität bedeutet das Recht von Menschen, die Kontrolle über die Produktion und Verteilung von Energie auszuüben. Der Zugang zu leistbarer Energie ist ein grundlegendes Menschenrecht. Eine ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Energieversorgung erfordert daher nicht nur massive öffentliche Investitionen sondern auch eine Dezentralisierung und Demokratisierung von Verteilungsstrukturen. Auch die Demokratisierung von Forschung und Wissensproduktion sowie der Aufbau von autonomen Netzwerken für sozial-ökologische Innovationen sind unumgänglich. Das absehbare Ende fossiler Energieträger und Klimawandel machen einen Ausstieg aus fossiler Energie unumgänglich. Um mit erneuerbaren Energien ein gutes Leben für alle zu ermöglichen, bedarf es einer Reorganisation der Art und Weise wie wir wirtschaften. | Dem stellen wir das Konzept der Energiesouveränität entgegen. Energiesouveränität bedeutet das Recht von Menschen, die Kontrolle über die Produktion und Verteilung von Energie auszuüben. Der Zugang zu leistbarer Energie ist ein grundlegendes Menschenrecht. Eine ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Energieversorgung erfordert daher nicht nur massive öffentliche Investitionen sondern auch eine Dezentralisierung und Demokratisierung von Verteilungsstrukturen. Auch die Demokratisierung von Forschung und Wissensproduktion sowie der Aufbau von autonomen Netzwerken für sozial-ökologische Innovationen sind unumgänglich. Das absehbare Ende fossiler Energieträger und Klimawandel machen einen Ausstieg aus fossiler Energie unumgänglich. Um mit erneuerbaren Energien ein gutes Leben für alle zu ermöglichen, bedarf es einer Reorganisation der Art und Weise wie wir wirtschaften. | ||
===Transformationspfad Freie Wissenskultur=== | |||
Während materielle Güter mit hohem Ressourcenaufwand um die Welt geschifft werden, wird die Verbreitung von immateriellen Gütern behindert: Mittels restriktiver Gesetzgebung werden Ideen zu privatem Eigentum erklärt und ihre Nutzung und Weiterentwicklung durch andere behindert. Dadurch wird künstliche Knappheit geschaffen und die Teilhabe am geistigen Reichtum der Menschheit eingeschränkt. | |||
Dem stellen wir das Konzept der Freien Wissenskultur entgegen: | |||
Freie Wissenskultur zielt darauf ab, allen Menschen freien Zugang zum geistigen und kulturellen Erbe der Menschheit zu sichern, so dass sie dieses nutzen, verbreiten und weiterentwickeln können. Sie umfasst alle immateriellen Güter, wie Wissen, Ideen, Texte, digitalisierte Bilder und Musikstücke, Videos, Software, Produktionspläne und Know-How (auch für Produktion materieller Güter). Sie zielt auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Bildung, Informationsfreiheit und Teilhabe am wissenschaftlichen Fortschritt. Freie Wissenskultur hilft, errungenes Wissen (wie Medikamente, Umwelttechnologien u.a.) sofort auf der ganzen Welt zugänglich zu machen. Sie ermöglicht auch eine rasante Weiterentwicklung, da alle Forschenden auf dem Vorhandenen aufbauen können. Auch sind ihnen dann (anders als jetzt) nicht bestimmte Entwicklungspfade verboten, nur weil jemand anderer schon vor ihnen dort gegangen ist. Rechtliche Einschränkungen der Nutzbarkeit, wie etwa durch Kopierschutz oder Patente, sind nur noch als Ausnahmeregelungen in begründeten Fällen und für kurze Zeiträume denkbar. Das Wirtschaftssystem muss so aufgebaut sein, dass es ein gutes Leben sowie Zeit für geistige Kreativität ermöglicht, ohne dass künstliche Verknappung von Ideen und ihre anschließende Vermarktung Teil von Geschäftsmodellen sind. | |||
===Transformationspfad Commons – Gemeinsam nutzen was allen gehört === | ===Transformationspfad Commons – Gemeinsam nutzen was allen gehört === |